“Muss ich Gesamtzucker und Fruktan in der Heuanalyse addieren?”

Die Interpretation des Zuckergehalts im Heu sorgt für Fragezeichen und Missverständnisse. Hiermit möchte ich ein wenig Hintergrundwissen zum Thema Kohlenhydrate in der Pferdeernährung liefern.

Mit dem Energiegehalt und in weiterer Folge dem Zuckergehalt von Heu beschäftigen sich typischerweise BesitzerInnen übergewichtiger bzw. rehegefährdeter Pferde. Die Gewichtsreduktion ist bei diesen Pferden die allerwichtigste Prophylaxe gegen schmerzhafte Hufreheschübe. Um Pferde gesund ernähren zu können, wird deshalb immer häufiger eine Heuanalyse beauftragt.

Energiegehalt

Jedes Pferd hat einen bestimmten Energiebedarf, der von Rasse, Gewicht, Alter, Nutzung und Haltung bestimmt wird. Während sich beim Menschen eine Angabe in kcal (Kilokalorien) durchgesetzt hat, wird der Energiebedarf bei Pferden, sowie der Energiegehalt von Futtermitteln in MJ (Megajoule) angegeben. Das Prinzip ist jedoch gleich. Ein Kilogramm Heu hat in der Regel 6-7 MJ Energie, die das Pferd verwerten kann.

Pferde gewinnen Energie aus Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten. Rein für die Erhaltung des Gewichts ist es daher zunächst unerheblich, woraus genau das Pferd seine Energie zu sich nimmt. Auf den zweiten Blick macht es jedoch für die Gesundheit des Pferdes sehr wohl einen Unterschied, ob das Futter hauptsächlich aus Proteinen, oder Kohlenhydraten (zB. Zucker oder Stärke) besteht. Daher lohnt sich ein Blick auf die Heuanalyse.

Kohlenhydrate

Kohlenhydrate sind das Ergebnis der Photosynthese bei Pflanzen. Sie unterscheiden sich je nach Länge bzw. Komplexität:

  • Monosaccharide (Einfachzucker), zB. Glucose, Fructose

  • Disaccharide (Zweikettige Zucker), zB. Saccharose, Lactose

  • Oligo-/Polysaccharide (Mehrfachzucker), zB. Rohrzucker, Stärke, Melasse, Fruktan, Cellulose

Je langkettiger und komplexer das Kohlenhydrat ist, desto schwieriger ist es zu verdauen. Mono- und Disaccharide können meist entweder direkt im Dünndarm aufgenommen werden, oder sie werden im Dünndarm enzymatisch verdaut und anschließend über die Dünndarmschleimhaut aufgenommen. Sie liefern schnell Energie und haben eine direkte Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel und die Insulinproduktion.

Polysaccharide wie zB. Fruktan kann das Pferd nicht direkt spalten, sondern sie werden im Dickdarm von Mikroorganismen fermentiert und anschließend über die Dickdarmschleimhaut verdaut. Der Blutzuckerspiegel wird dabei nur sehr marginal belastet. Die Gefahr bei einer Überfütterung besteht eher aufgrund der Darmflora, die dadurch aus dem Gleichgewicht gerät, sowie die daraus resultierenden Fehlgärungen.

Heuanalysen interpretieren

Es ist sehr wertvoll zu wissen, zu welchen Teilen sich der Energiegehalt des Heus aus Kohlehydraten, Proteinen und Fetten zusammensetzt. Diese Informationen können dabei helfen, Proteinmängel in der Ration ausfindig zu machen. Auch hohe Zuckergehalte können identifiziert werden, um besonders bei rehegefährdeten Pferden entsprechend darauf zu reagieren.

Allein die Bezeichnung “Zucker” bzw. “Gesamtzucker” auf dem Laborbefund gibt noch keinen Aufschluss darüber, um welche Zuckerarten es sich genau handelt. Im Zweifel muss direkt mit dem Labor abgeklärt werden, welche Saccharide gemessen wurden. Meist handelt es sich um die Summe der Mono- und Disaccharide.

Polysaccharide wie Fruktan oder Stärke werden üblicherweise separat ausgewiesen. Das ist auch sinnvoll, da die Verdauungsmechanismen komplett verschieden sind. Diese Werte einfach zu addieren, ist weder nützlich, noch aussagekräftig.

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